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Sommerfrischen, Ausflugsdampfer, Fabrikschlote – aus Billwärder wird Billbrook

Die Landschaft Billwärder war bereits 1395 unter die Herrschaft Hamburgs gekommen. Ab dem 16. Jahrhundert entwickelte sie sich zu einem der bevorzugten Ort für Sommerfrischen wohlhabender Hamburger. Die herrschaftlichen Anwesen verfügten vielfach über prächtige Gärten mit großen Orangerien, die weit über die Grenzen der Hansestadt bekannt waren.
Als es zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den besseren Kreisen Hamburgs in Mode kam, an der Elbchaussee zu residieren, wandelten sich viele Herrenhäuser am Billwärder Billdeich zu Ausflugslokalen. Das bedeutendste war der mächtige, 1727 errichtete Bau bei der blauen Brücke, der sich Ende des 18. Jahrhunderts im Besitz des Kaufmanns und Senators Joachim Caspar Voght befunden hatte und bis ins 20. Jahrhundert die Gastwirtschaft „Billwärder Park“ beherbergte. Bis in diese Zeit verkehrten auch immer wieder Ausflugsdampfer aus der nahen Hansestadt zur unteren Bille.
Ursache für das sinkende touristische Interesse war, dass sich die untere Bille zunehmend zu einem Industrierevier wandelte. Den Anfang hatte bereits 1846 - ebenfalls bei der blauen Brücke - eine chemische Fabrik gemacht, die als älteste chemische Fabrik Hamburgs gilt. Nachdem hier zunächst nur in einer kleinen Kate aus Gasabfällen Salmiak hergestellt worden war, entwickelte sie sich bis 1889 zu einem bedeutenden Betrieb mit 300 Beschäftigten.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich lediglich fünf weitere Firmen hinzugesellt: Eine Eisengießerei, ein weiterer chemische Fabrik, eine Parfümerie- und Seifenfabrik, eine Öl- und Firnißfabrik sowie eine Wäscherei und Färberei. Hamburgs Anschluss an das Zollgebiet des Deutschen Reiches im Jahre 1888 beschleunigte diese Entwicklung dann erheblich. Nunmehr verging bis zum Ersten Weltkrieg kaum ein Jahr, in dem nicht mindestens ein neuer Betrieb hinzukam. Zu den bedeutendsten zählten ein Metallwalzwerk mit seinem über 100 Meter hohen Schornstein und die 1908 eröffnete Zinkhütte, die bis zu 360 Arbeiter beschäftigte.
Während sich diese Entwicklung bis Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend urwüchsig vollzogen hatte, griff nun die Stadt Hamburg gestaltend ein: Nachdem bereits in den 1890er Jahren die Bille verbreitert und ausgebaggert und die blaue Brücke erneuert worden war, bemühte sie sich nun im großen Stil um die Bereitstellung neuer Flächen für Industriebetriebe. Das gesamte Areal zwischen der Bille im Norden, dem Dorf Moorfleet im Süden, dem Unteren Landweg im Osten und dem heutigen Tiefstackkanal im Westen wurde aufgehöht und durch Kanäle, Straßen und Bahngleise erschlossen. 1912 erhob man das Gebiet zum eigenständigen Stadtteil Billbrook.
Zahlreiche Arbeiter, die in den Billbrooker Fabriken tätig waren, wohnten im benachbarten Schiffbek. Um ihnen den Weg zur Arbeit zu erleichtern, errichteten die beiden Gemeinden Schiffbek und Billwärder im Jahr 1906 eine zusätzliche Fußgängerbücke über die Bille. Bald bürgerte sich für sie die Bezeichung „Stinkbüdelsgang“ ein.
Von den Billbrooker Betrieben gingen zum Teil massive Umweltbelastungen aus. Am gravierendsten waren die Ausdünstungen der Zinkhütte. Sie ließen die Vegetation am Schiffbeker Geesthang weitgehend absterben und schädigten massiv die Gesundheit der Bewohner. Giftige Einleitungen der chemischen Betriebe verursachten wiederholt große Fischsterben. Daneben finden sich aber auch immer wieder Klagen über die Abgase des Metallwalzwerks, die gesundheitsschädlichen Ausdünstungen einer Korksteinfabrik und die üblen Gerüche, die von einer tranverarbeitenden Fabrik ausgingen.

Die Billbrooker Fabriken  

 

Der Ausbau des Industriegebiets Billbrook