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Der Ausbau des Industriegebiets Billbrook

Ab den 1880er Jahren bemühte sich die Stadt Hamburg darum, die Ansiedlung von Industrieunternehmen am Unterlauf der Bille zu fördern.
Zunächst kümmerte man sich um die Schiffbarkeit des Flusses: 1886 ließ sie die Rote Brücke komplett erneuern und die bereits 1869 verbreiterte Durchfahrt der Blauen Brücke durch eine Eisenkonstruktion ersetzen. In den Jahren 1888-90 brachte man die Bille von der Brandshofer Schleuse bis zur Blauen Brücke auf eine Breite von 30 Metern sowie eine Tiefe von 2 Metern und versah sie an beiden Ufern mit Spundwänden. Außerdem wurden neue Dampfschiffbrücken angelegt und der bei der Blauen Brücke gelegene Lösch- und Ladeplatz erheblich erweitert.
Von 1904 an wandte man sich dann im großen Stil der Bereitstellung neuer Industrieflächen zu. Am Anfang standen dabei umfangreiche Grundstückskäufe, die mit dem Ziel getätigt wurden, die freien Flächen zwischen der Bille im Norden, dem Unterem Landweg im Osten, dem Dorf Moorfleet im Süden und dem Billwärder Ausschlag im Westen in städtischer Hand zu vereinigen, und sich bis 1910 hinzogen.
In den Jahren 1905 bis 1908 baute man den an der Grenze zum Billwärder Ausschlag gelegenen Abzuggraben zum Tiefstackkanal aus, der durch die 1902 fertiggestellte Tiefstackschleuse in die Billwärder Bucht mündete und damit von Beginn an über eine Verbindung mit der Elbe verfügte. Der Durchstich zur Bille erfolgte erst 1916. Vom Tiefstackkanal zweigte man ab 1910 den heutigen Billbrookkanal nach Osten ab, von der Billwärder Bucht den Moorfleeter Kanal, an den sich nach Norden der Tidekanal anschloss. Letzterer wurde unter der Hamburg-Berliner Bahnlinie hindurchgeführt und dann im Abstand von 250 Metern parallel zum Billbrookkanal geführt. Ebenso wie dieser endete er erst kurz vor dem Unteren Landweg.
Zentrale Bedeutung kam der Aufhöhung des Gebietes zu. Bevor hiermit begonnen werden konnte, wurden im nördlichen Bereich zunächst Straßendämme geschüttet. Hierfür schaffte man mit einer eigens errichteten Transportbahn rund 300.000 cbm Sand aus den Boberger Dünen heran. Für die Aufhöhung selbst wandte man verschiedene Verfahren an: Im nördlichen Bereich sowie südlich der Hamburg-Berliner Bahn den Schüttbetrieb, dazwischen den Spülbetrieb. Für letzteren verwendete man Baggergut, das in der Elbe gewonnen, mit Schuten ins Aufhöhungsgebiet gebracht und dort auf die dafür vorgesehenen Flächen geschwämmt wurde, nachdem man Spüldeiche errichtet hatte. Insgesamt brachte man auf diese Weise 9 Millionen Kubikmeter Erdreich auf. Im südlichen Bereich hatte man von diesem Verfahren Abstand genommen, da man die Durchfeuchtung des Bahndammes fürchtete, im nördlichen, weil dieser bereits dicht mit Betrieben besiedelt war. Aus diesem Grund begnügte man sich hier auch mit der Aufhöhung auf 6,90 Meter über Hamburger Normal Null, während das übrige Areal auf hochwasserfreie 9,20 Meter gebracht wurde. Teils musste es hierfür um 6 Meter aufgehöht werden.
Neben Kanälen und Straßen wurde das Gebiet auch durch Bahngleise erschlossen. Diese wurden ab 1906 von der Billwärder Industriebahn betrieben, die in Tiefstack Anschluss an die Hamburg-Berliner Bahnstrecke hatte und im Osten mit der Südstormarnschen Kreisbahn verbunden war.
Gleichwohl das Gebiet bereits 1912 zum eigenständigen Stadtteil Billbrook erhoben wurde, zog sich die Fertigstellung der Straßen noch bis in die 1920er Jahre hin. Und auch die Arbeiten an den Lösch- und Ladeplätze bei der Blauen Brücke und am Billbrookkanal wurden erst 1916 bzw. 1919 abgeschlossen.