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Bitte etwas mutiger! Stellungnahme zur Neugestaltung der Billstedter Hauptstraße

9,9 Millionen Euro für Billstedt. Grundlegender Neubau der Billstedter Hauptstraße von Am alten Zoll bis zum Spökelbargring und der Reclamstraße von der Billstedter Hauptstraße bis zur Möllner Landstraße. Abriss der Brücke über die Billstedter Hauptstraße. Schaffung einer Piazza an der Abzweigung der Möllner Landstraße von der Billstedter Hauptstraße. Bau durchgängiger zeitgemäßer Radwege. Erneuerung sämtlicher Bodenbeläge. Anlage mehrerer großer Sprunginseln für Fußgänger. Modernisierung der gesamten Beleuchtung. Pflanzung von zusätzlichen straßenbegleitenden Bäumen. Baubeginn im Sommer 2022. – All das ist wirklich großartig! Aber: Warum ist man nicht mutiger? Warum nutzt man die Gelegenheit nicht, um der Billstedter Hauptstraße ein wirklich neues Antlitz mit deutlich mehr Stahlkraft zu geben und sie so zu einer noch viel eindrucksvolleren „Visitenkarte des Stadtteils“ zu machen? Was genau ist damit gemeint?

1. Wenn die Straße in ihrer vollen Breite einschließlich der Bürgersteige neu gestaltet wird: Warum hält man dann an der vierspurigen Asphaltschneise (auch wenn es zwei Fahrradspuren sind, es bleiben vier Spuren Asphalt) fest? Man könnte den Radweg doch auch jenseits der Parkplätze und Bäume neben dem Gehweg führen. So könnte man zweimal 50 Zentimeter der Protektion sparen, die Radfahrer hätten mehr Abstand zu den Autos, es käme im Bereich der Parkplätze nicht mehr zu den ansonsten vorprogrammierten Konflikten, zwischen den dann direkt an der Fahrbahn stehenden Bäumen könnte man mehr Parkplätze einrichten und das Erscheinungsbild der Straße wäre noch viel gefälliger.

2. Warum wird an der Abzweigung der Möllner Landstraße von der Reclamstraße kein Kreisverkehr eingerichtet? Laut dem Erläuterungsbericht sind hier in der Spitzenstunde 480 Fußgänger und 310 Kfz ermittelt worden. Das sind 8 Fußgänger und 5 Kfz pro Minute. Warum sollen die es nicht auch ohne Lichtzeichenanlage hinbekommen, dass alle ihres Weges gehen und fahren können? Außerdem ist zu bedenken, dass ein Großteil des Fußgängeraufkommens schwunghaft auf ankommende Busse zurückgeht und dann auch ähnlich schwunghaft die Straße passiert. Am 16.8. war die gesamte Lichtzeichenanlage an dieser Kreuzung außer Betrieb. Gleichwohl der Verkehr nicht geregelt wurde, gab es zu fünf verschiedenen Zeiten (13.30 Uhr, 14.15 Uhr, 14.30 Uhr, 17.45 Uhr, 18.15 Uhr) keinerlei Probleme. Darüber hinaus ist es nicht nachvollziehbar, dass trotz einer Neuplanung hier keine geregelte Querungsmöglichkeit der Möllner Landstraße für Fußgänger vorgesehen ist.

3. Warum wird auch an der Einmündung der Reclamstraße in die Billstedter Hauptstraße an einer Ampelkreuzung festgehalten und nicht stattdessen ein Kreisverkehr eingerichtet? Zwar ist hier die Querschnittsbelastung durch den Autoverkehr um schätzungsweise 20% höher als an der Einmündung der Möllner Landstraße in die Reclamstraße, doch zugleich ist das Fußgängeraufkommen deutlich geringer, und man hat erheblich mehr Platz zur Verfügung. Im Übrigen fehlt in den Planungen auch hier weiterhin eine geregelte Querungsmöglichkeit für Fußgänger westlich der Kreuzung.

4. Warum werden auf der über Jahrzehnte geschundenen Billstedter Hauptstraße im Zuge dieser Maßnahme noch nicht einmal alle 27 Bäume, die gefällt werden, ersetzt? Sowohl entlang der Bürgersteige als auch auf den Kreisverkehren und auf der zweiten, durchaus auch noch größer und voll ausformuliert gestaltbaren Verkehrsinsel in der Billstedter Hauptstraße zwischen Geesthang und Reclamstraße könnten weitere Bäume gepflanzt werden und so nicht nur einen Beitrag zum Stadtklima leisten. Zugleich würden sie die Billstedter Hauptstraße zu einem echten Boulevard machen, wodurch diese neben den Anwohnern, Fußgängern und Radfahrern auch für Investoren attraktiver werden würde.

Die aktuellen Planungen muten – einmal abgesehen von dem Bereich der Piazza – so an, als wenn man sich in erster Linie davon hat leiten lassen, in dem bestehenden Straßenraum veloroutengemäße Radwege unterzubringen. Angesichts dessen, dass eine heute vorgenommene Neugestaltung von Billstedter Hauptstraße und Reclamstraße vermutlich für die nächsten 40-50 Jahre Bestand haben wird, ist das in Anbetracht der Bedeutung, die diese beiden Straßen für das Erscheinungsbild des Stadtteils haben, letztlich enttäuschend. In naher Zukunft wird in diesem Bereich nachts Tempo 30 gelten, und es ist wohl absehbar, dass dies irgendwann auch für den Rest des Tages gilt. Der Radverkehr wird zu-, der Autoverkehr abnehmen. Die Konflikthaftigkeit des Verkehrsgeschehens wird geringer werden. Dass man unter all diesen Gesichtspunkten die Neugestaltung von Billstedter Hauptstraße/Reclamstraße viel entschiedener nutzt, um sich von den Strukturen zu lösen, die dadurch entstanden sind, dass man sich über viele Jahrzehnte hinweg fast ausschließlich an den Bedürfnissen des Autoverkehrs orientiert hat, ist möglich und zugleich sehr, sehr wünschenswert.