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Die Bewohnerschaft Schiffbeks um 1860

Dank zweier Volkszählungen aus den Jahren 1860 und 1864 sowie weitere statistische Angaben aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ist man in der Lage, ein sehr differenziertes Bild von der sozialen Situation Schiffbeks an der Schwelle zur Moderne zu zeichnen. Im Folgenden sollen die wichtigsten Daten wiedergegeben werden.
Im Jahr 1860 zählte Schiffbek 594 Einwohner. Diese verteilten sich auf 128 Familien, die in 66 Gebäuden wohnten. 31 Gebäude wurden nur von einer einzelnen Familie bewohnt. Im einzelnen handelte es sich dabei um die Haushalte der 6 Hufner (Vollbauern), des Besitzers des Mühlengeweses in Oberschleems, von 6 Kätnern und Brinksitzern (Landwirtschaft treibende unterbäuerliche Schichten), der drei im Ort ansässigen Ärzte, von 5 Altenteilern oder Personen, die von ihren Ersparnissen lebten, von 5 Gewerbetreibenden, namentlich 2 Bäckern, einem Rademacher, einem Mehlhändler und einem Riemermeister, der Bewohner von Schule, Zollhaus und Chausseehaus, sprich des Lehrers, des Hebungscontrolleurs und des Chausseegeldeinnehmers, sowie letztlich eines Anbauers und eines Arbeiters.
Die Hufner waren die Vollbauern, die in der vom Bauernvogt geleiteten Dorfversammlung über das Stimmrecht verfügten. Kätner und Brinksitzer waren meist Bauernkinder, die nicht die Hofstelle übernommen hatten und mit einem kleineren Stück Land abgefunden worden waren. Anbauer waren ebenfalls landwirtschaft treibende unterbäuerliche Schichten. Im Gegensatz zu den Kätnern und Brinksitzern verfügten sie jedoch nicht über eigenen Landbesitz, sondern mussten die Flächen pachten. Sowohl die Anbauer als auch die Kätner und Brinksitzer übten neben der Landwirtschaft meinst noch einen weiteren Beruf aus. Bei den Kätnern finden sich in den Volkszählungslisten beispielsweise Eintragungen wie Gastwirt, Steinbrücker oder Mauermann. Brinksitzer und Anbauer verdienten ihren Lebensunterhalt zusätzlich etwa als Tischler, Schuster, Schneider, Krämer oder aber als Tagelöhner. Gerade bei den Anbauern kam letzteres recht häufig vor.
Die übrigen Gebäude wurden meist von zwei oder drei Familien bewohnt, einige aber auch von 4, 5 oder gar 6. Teils handelte es sich hierbei um weitere Kätner, Brinksitzer und Anbauer, ansonsten aber vor allem um lohnabhängig Beschäftigte, die übrigen 5 Zollbediensteten, den Gendarm, den Oberpolizeidiener, den Großteil der 36 selbständig ein Handel oder ein Handwerk betreibenden Personen sowie weitere Altenteiler.
Die durchschnittliche Haushaltsgröße lag bei 4,5 Personen. Übertroffen wurde dieser Wert vor allem von den Hufnerfamilien und den Haushalten von Schmieden, Bäckern und anderen gutgehenden Handwerken. Zum einen brachten sie es häufig auf eine überdurchschnittlich hohe Kinderzahl: Familien mit bis zu sechs Kindern waren gerade hier keine Seltenheit. Zum anderen gehörten häufig auch Dienstboten, Knechte und Mägde, oder aber Gesellen und Lehrlinge zu ihren Familien. Teilweise kamen die Haushalte so auf über 10 Personen. Wenn von anderen Familien derartige Werte erreicht wurden, lag dies meinst an einer ausgesprochen hohen Kinderzahl. Außerdem lebten in solchen Haushalten aber häufig auch noch Verwandte sowie Kost- und Pflegekinder.
In 46% der Familien stammte mindestens ein Elternteil aus Schiffbek oder Schleems, so dass man diese als eingesessen ansehen kann. Insgesamt stellte sich die Herkunft der 1860 in Schiffbek lebenden Hauseltern wie folgt dar: 29% Schiffbek und Schleems, 16%  sonstiges Kirchspiel Steinbek, 13% sonstiges Amt Reinbek, 4% Amt Trittau, 8% übriges Herzogtum Holstein, 4% Herzogtum Lauenburg, 2% sonstiges Königreich Dänemark, 12% Hamburg, 3% Königreich Hannover, 3% Großherzogtum Mecklenburg, 1% Königreich Preußen, 5% sonstige/unbekannt.
Ausnahmslos waren dies hochgradig protestantisch geprägte Gebiete. Insofern überrascht es nicht, dass annähernd 99% der Einwohnerschaft Schiffbeks der evangelisch-lutherischen Kirche angehörten. Einzig ein katholischer Schustergeselle aus Bayern, ein sich zur reformierten Kirche bekennender Wundarzt und eine fünfköpfige Familie aus London, die der „englischen Kirche“ angehörte, sorgten für eine gewisse Abwechslung.